Wie es ist – wenn Tage verloren gehen

Manchmal verliere ich Tage. Immer wieder einmal. Meist aus heiterem Himmel.

Von Jetzt auf Gleich geht es mir schlecht. Schwindelig, bauchgrummelig, müde, Kopfdruck, verspannt, schwach.

Nicht der große Schmerz. Nicht die konkreten Symptome von diesem und jenem. Nichts deutlich benennbares.

Aber deutlich schlechter als sonst. Schlechter als in der Alltagsfunktionität. Zu schlecht für Normalität.

Ich mache dann nur das Nötigste. Liege rum. Versuche die Kinder beschäftigt zu halten. Sitze es aus.

Danach liegt dieser Tag oder liegen diese Tage im Nebel. Die Erinnerung ist verschwommen, weit weg. Wie ein Tag vor langer Zeit oder wie ein Ereignis, von dem man so oft hörte, dass man nicht mehr sicher weiß, ob man dabei war oder nicht.

Nachtrag: Ein Beitrag, den man erklären muss, ist ein schlechter Beitrag…
Nach einigen Reaktionen bei Facebook (die ich teilweise sogar gelöscht habe) und nachdem der Beitrag auch hier zu Hause falsch verstanden wurde: 
Es geht mir nicht um vertane Zeit, um „carpe diem“ oder den Anspruch auf perfekte Tage. Es geht darum, dass diese Tage im Nachhinein schwammig sind, im Nebel, nicht greifbar, wie nicht richtig erlebt, wie ein Anekdote, die man sehr oft hörte, aber nicht selbst erlebte. 

In der Reihe „Wie es ist“ schreibe ich ganz persönliche, teilweise auch emotionale Beiträge über mein Leben mit Lupus und/oder chronischer Erkrankung. Mir geht es darum, Nicht-Lupis unseren Alltag näher zu bringen und Lupis aufzuzeigen, dass sie nicht allein sind, dass sie „normal“ sind.
Tage verlieren

Aus der Reihe: Wie es ist – 

7 Kommentare zu „Wie es ist – wenn Tage verloren gehen“

  1. Ja, liebe Antje, diese Tage gibt es, leider viel zu oft…….
    Es ist schwer, dass man durch die Krankheit eingeschränkt wird, nie wirklich weiß, wie der
    heutige oder morgige Tag sein wird.
    Ich wünsche dir viele bessere Tage und dass du die schlechteren besser annehmen kannst.
    Liebe Grüße von Milka

  2. Hallo!

    Ich habe mich sogar schweren Herzens dazu entschlossen, meine Tochter wegen solcher „Zustände“, wie es leider von vielen Mitmenschen benannt wird, in eine Pflegefamilie gegeben, damit sie relativ unbeschwert aufwachsen kann…..

    Sie wird Ende Februar acht Jahre alt und wir sind seit dem 13. Mai 2013 getrennt.
    Sie ist mein Herz und es tut immer wieder soooo weh, wenn sie mir – wenn sie bei mir ist – sagt „Du hast mich ja nur abgegeben, weil du krank bist….“.
    Aber sie dachte Jahre lang, ich will nicht mehr ihre Mama sein….deswegen bewundere ich Dich, wie DU es schaffst!!

    Nur MUT !!!

    Ich heule (bei mir gibt´s einen Unterschied zwischen heulen und weinen – Heulen hat mit Verzweiflung für mich zu tun, und Weinen mit Traurigkeit, eben das stille)sehr häufig nach oder an solchen Tagen, die Du so treffend beschreibst, weil ich Angst habe, daß es wieder so schlimm wird, daß mir ganze Tage fehlen.

    Aber so seltsam es sich für Dich evtl. anhört: es hat MIR zumindest doch wieder ein bisschen Hoffnung gegeben, daß ich eben nicht am „Durchdrehen“ bin, weil es mir eben so wie Dir geht.

    (Entschuldigung – ich weiß einfach nicht, wie ich mich ausdrücken soll….es ist nich negativ gemeint, aber die Gesellschaft versteht solche „Zustände“ eben nicht….Stichwort: Faul/Sich-zusammen-reissen…)

    Ich denke da wie Milka!!! 😉

    Aaaalso, vielen, vielen Dank für den Einblick in Dein Leben mit dem „bösen, grossen Wolf!!“ 😉
    (Der Galgenhumor hat mich schon ein paar mal gerettet! 😉

    Liebe Grüße,

    Bine

    1. Liebe Sabine,

      vielen Dank für Deinen Kommentar :)!
      Das ist eine sehr traurige Geschichte und ich wünsche Dir und Deiner Tochter das Allerbeste.
      Es sollte viel mehr Unterstützung und Hilfsmöglichkeiten für Eltern mit Handicap geben!

      Liebe Grüsse
      Antje

  3. Liebe Antje,

    schön das Du darüber schreibst… das Du informierst!
    So denke ich an eben diesen Tagen die Einzige zu sein der es so geht.
    Wer, außer den Betroffenen, versteht denn wirklich wie es uns geht.

    „Du siehst so gesund und fröhlich aus“ bekomme ich immer zu hören…
    ja… weil ich nicht den Kopf hängen lasse, weil ich jeden Tag kämpfe…
    und niemand ahnt wie anstrengend das ist.

    Die Opfer die wir bringen…

    Ich freue mich über Deine Zeilen und wünsche Dir und „uns“ alles Liebe und Gute!

    Dani

  4. Hallo, ich bin gerade erst auf dein Blog gestoßen und lese mich durch.
    Mir geht es seit eineinhalb Jahren schlecht und ich habe eine Odyssee von Arzt zu Arzt und von Untersuchung zu Untersuchung hinter mir. Gerade wird mein Blut auf Lupus untersucht und ehrlich gesagt wäre ich froh, ich hätte mal endlich eine Diagnose.
    In deinen Einträgen finde ich mich total wieder und auch ich kenne diese nebeligen verlorenen Tage sehr gut.
    Danke dafür, dass du dein (Innen)leben mit uns teilst. Deine Worte helfen mir sehr viel weiter und ich fühl mich endlich verstanden und nicht mehr alleine.
    Liebe Grüße, aleXXblume

  5. Angelika Thomson

    Hey all,
    Ich bin zum ersten Mal hier und bin eben erst über den Begriff Lupus-Fog gestolpert. Er beschreibt GENAU wie es sich anfühlt. Ich hatte Angst, dass ich mit 53 eine Demenz entwickle. Ich dachte, es sei vielleicht durch den Tod meines Lebensgefährten ausgelöst oder sei eine Nebenwirkung durch die erste Corona-Impfung, das fiel alles auf diese Zeit Anfang 2021.

    Seit nun über einem Jahr versuche ich zu funktionieren und alles zu schaffen wie immer, aber es ist um so viel schwieriger geworden! Es ist ein Kraftakt, meine Arbeit (lebhafte Praxis) zu bewältigen. Ich vergesse ganze Gespräche, wenn ich nebenher noch andere Reize/Geräusche habe, Multitasking geht nicht mehr.

    Ich verfahre mich mit dem Auto, und gerate dann in Panik, weil ich auf einen Schlag nicht mehr weiß, wo ich bin, und ich kann auf der Straßenkarte oder selbst auf Ortsschildern nichts mehr verstehen. Selbst meine eigenen Notizen, mit denen ich versuche, meine Abläufe zu strukturieren, verschwimmen mir dann zu Kauderwelsch vor den Augen. Mein Hirn-Zeit-Kontinuum ist gestört. Mündliche Anweisungen muss ich aufschreiben.

    Blackouts, soziale Unsicherheit, weil ich denke man könnte mich für betrunken halten. Desorientierung, Gleichgewichtsstörungen, Panikattacken, Rückzug. Hab’s mit Tai Chi versucht, habe aber keine Chance mir die Bewegungsschritte nacheinander zu merken…

    Ich zwinge mich, wenigstens ein bisschen spazieren zu gehen, wenn ich freihabe, den Kontakt zu meiner Familie zu halten und meine Wohnung/Haustiere zu versorgen. Mehr geht derzeit an Freizeitgestaltung nicht. Und wie du schreibst, es ist alles wie ein Film, nicht wie gelebte Erinnerung.

    Körperlich geht es mir ganz gut, bis auf Reizzustände (Rippenfell, Gefäße, Kopfdruck) gilt mein Lupus als „in Remission“. Ich habe Angst, wenn ich zum Arzt gehe, dass man mich als Simulanten aburteilt. „Brain fog“ ist ja jetzt durch Corona in aller Munde.

    Ich weiß nicht, wie lange, bis mir ein Fehler passiert.

    Danke fürs Teilen

    1. Danke für Deinen Kommentar, Angelika! Bekommst Du noch eine Therapie? Ich würde das auf jeden Fall ansprechen. Ich weiss nur zu gut, wie unangenehm und deprimierend es ist, wenn man an eine Ärztin gerät, die das nicht kennt und/oder versteht. Aber es gibt auch ein paar andere – ich drücke Dir die Daumen, so jemanden zu finden!

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