Wie es ist – Dauerpatient zu sein

Die meiste Zeit meiner Lupus-Karriere wurde ich in Unikliniken behandelt. Zuerst in Hannover, seit ein paar Jahren jetzt in Kiel. Ein paar Mal versuchte ich es mit niedergelassenen Rheumatologen, kehrte aber letztendlich immer in den Unischoss zurück.

In Hannover wechselten in der Rheumatologie die Ärzte von Termin zu Termin. Immer wieder begann ich mit einem neuen Arzt bei Adam und Eva und musste erklären, warum der vorher behandelnde Arzt dieses und jenes veranlasst hatte.
Dann wechselte ich in die Immunologie, hatte einen festen Arzt und für ein paar Jahre war alles gut.
Es kam zu einer Fusion von Abteilungen, die Rheumatologie wurde mit der Immunologie verschmolzen, „mein“ Arzt behandelte plötzlich nur noch privat und ich war wieder im wechselnde-Assistenzärzte-Modus.

In der ganzen Zeit (fast 20 Jahre) bin ich einmal komplett durchgecheckt worden, also mit EKG, Sono und so weiter. Mir hat das nicht wirklich gefehlt, ich beschränke den Arztkontakt gern auf das Notwendigste. Aber gewundert habe ich mich manchmal.

Seit 2014 bin ich jetzt hier in Kiel an der Uniklinik, zunächst beim Chef. Alles fein, alle vier Monate Blabla, Blutentnahme, Rezept, auf Wiedersehen. Für mich war das in Ordnung.
Nun ging das Chefchen in den Ruhestand, ich bekam eine andere Ärztin zugeteilt, dort war ich einmal – alles wie gehabt und noch einmal…WaZiFuBo UKSH - Wie es ist - Dauerpatient zu sein

Bei diesem Termin äusserte ich ein paar Beschwerden, mit denen ich mich schon länger rumquäle, die jetzt aber stärker werden. Ich bringe nichts davon mit dem Lupus in Verbindung, wollte das aber lieber über die Uni abgeklärt haben, damit die Ärzte vernetzt sind und auch, weil die niedergelassenen Ärzte mit mir oft nichts anfangen können und sich mit Diagnosen und Medikation überfordert fühlen.

Hahaha.

Ich schilderte meine Beschwerden, die Ärztin notierte alles und biss sich dann an der Kurzatmigkeit fest. Alles andere war irgendwie ausgeblendet, es ging nur noch um meine Lunge. Lungenfunktionstest müsste ich machen und ein CT (beim letzten Termin war erst ein Röntgen Thorax gemacht worden…) und ein EKG und Echo und alles. Und warum ich mich nicht gekümmert hätte. Ich müsste doch alle 2 Jahre komplett untersucht werden! (ECHT jetzt?) Und das wüsste ich doch wohl und überhaupt und sowieso. So ginge das nicht… Blabla.
Ich kam zurück zu anderen Beschweren, u. a. dem Juckreiz, wegen dem mir meine Hausärztin jetzt seit 6 Monaten ein Antihistamin verordnet – das kann ja irgendwie nicht die Lösung sein? Jaja, wir gucken mal im Blut, aber DIE LUNGE… Seufz.
Ich liess mir also sehr viele Termine geben, die sich bis in den Februar ziehen und werde versuchen sie abzuarbeiten.
Ausserdem sollte ich eine neurologische Kontrolle machen lassen – aber nicht im Haus. Da müsse ich mich schon selber kümmern. Der örtliche Neurologe vergibt erst im neuen Jahr Termine für das neuen Jahr… Zwei Anrufe bei anderen Neurologen waren erfolglos, man nähme keine neuen Patienten. Nun ja. Warte ich halt und lass mich wieder anmeckern.
Zum Gynäkologen soll ich auch noch, ausserhalb der heiligen Hallen. Das Anrufen dort schiebe ich gerade vor mir her.
Und schliesslich erbat ich mir noch eine Kontrolle beim Endokrinologen. Das war von der Ärztin gar nicht gewollt. Aber eigentlich die einzige offene Kontrolle, die überfällig ist und wo es Befunde gab, die meine Beschwerden erklären könnten. Sehe wohl nur ich so. Wie auch immer, schliesslich überwies sie mich und ich bekam einen Termin… im Februar!

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8 Kommentare zu „Wie es ist – Dauerpatient zu sein“

  1. Liebe Antje,

    wenn es nicht so traurig wäre, wäre es geradezu zum Lachen. Ich kann Deine Schilderung so gut nachvollziehen. Ob die Ärzte eigentlich überhaupt noch eine Vorstellung davon haben, was es bedeutet in einem solchen System chronisch krank zu sein ? Ich fürchte nicht, denn wie sonst wäre es möglich, dass sie noch immer einverstanden mit ihrer Arbeit sind? Sie müssten doch spüren, wie oft das was sie tun an den Bedürfnissen ihrer Patienten vorbei geht.

    Auf jeden Fall schön, dass Du nicht müde wirst auf unsere Situation aufmerksam zu machen, es ist so wichtig!!!!!!!

    Ganz herzliche Grüße und alles Gute für Dich
    Daniela

  2. Liebe Antje,

    wie sehr erkenne ich mich in deinen Erfahrungen wieder…

    Bin auch in der MHH in Behandlung und meine anderen Ärzte sind teilweise auch komplett mit meiner Diagnose und den Medikamenten überfordert bzw. kennen sich gar nicht aus.

    Für uns Patienten ist das sicherlich nicht immer einfach, damit umzugehen 🙁
    Der Umgang mit unserem Gesundheitssystem scheint mir besonders für chron. kranke Patienten (noch dazu mit einer eher selteneren Autoimmunerkrankung) immer schwieriger zu werden. Fühlt man sich nicht oft ziemlich allein gelassen???
    Ich frage mich des öfteren, wo das noch hinführen wird……….

    Ich empfinde es als extrem anstrengend, immer wieder alles von vorne zu erklären, die Einnahme bestimmter Medikamente fast „verteidigen“ zu müssen u.s.w.
    Einen Ausweg aus diesem Dilemma habe ich noch nicht gefunden, schau´n wir mal, wie´s weiter geht…
    Dir wünsche ich auf jeden Fall, dass deine Untersuchungen keine nennenswerten Ergebnisse bringen bzw. sie sich als unkompliziert und v.a. behandelbar erweisen!

    Alles Gute für dich und bleib weiter so tapfer, wie ich dich hier bisher kennenlernen durfte,
    Milka

    1. Danke Milka :)! Es ist immer gut, wenn man weiss, dass man nicht allein damit ist.
      Und es ist anstrengend! Zusätzlich dazu, dass die Erkrankung an sich schon zehrt und der Alltag mit einer chronischen Erkrankung. Das ist schon eine ziemlich Doppel- und Dreifachbelastung.
      Liebe Grüsse!
      Antje

  3. Ja, Ich fühle mich auch ganz oft mit der Erkrankung im medizinischen System alleine gelassen. Und ja, es ist oft so anstrengend, kostet so viel Kraft sich immer wieder davon zu distanzieren was einem da widerfährt. Ich brauche da oft Tage bis ich wieder Boden unter den Füßen hab und wenn ich ehrlich bin graust es mich schon jetzt vor Januar vor meinem nächsten Termin beim Rheumatologen.

    Ich wurde im Sommer auf MTX umgestellt und leider zeigt es nicht ausreichend Wirkung , so dass ich befürchte, dass die ganze diagnostische Mühle und alles was mit dran hängt von vorne beginnt.

    Ich würde mir so sehr wünschen, dass sich da im System eine Veränderung abzeichnet, die es einem als Patient wieder leichter macht zu vertrauen. Aber ich glaube da sind wir Lichtjahre davon entfernt und es ist zu befürchten, dass es sogar eher noch schlimmer als besser wird.

    Liebe Grüße an Euch beide von

    Daniela, die gerade leider ziemlich düstere Gedanken hat und der es momentan eher zum Weinen als zum Lachen zumute ist.

  4. Das Grausen kenne ich nur zu gut :/. Ich wünsche Dir, dass Du die Belastung bis in den Januar ein bisschen beiseite schieben kannst und Du vielleicht sogar doch noch auf das MTX ansprichst. (was hattet Du vorher?)

    Veränderungen im System kann ich mir gar nicht vorstellen, zumindest nicht zum Besseren. Da alle Mediziner nur noch nach Effizienz und unter Kostendruck arbeiten, muss halt aus dem Produkt – in diesem Falle der Patient – das Möglichste rausgeholt werden.

    Liebe Grüsse und eine frische Brise Ostseeluft gegen trübe Gedanken!

    Antje

  5. Liebe Daniela,
    ja, dein Kommentar liest sich auch ein wenig traurig und wie gut, dass die liebe Antje dir eine frische Brise vorbei geschickt hat……

    Ich denke, ich kann dich ganz gut verstehen, mir geht´s momentan- trotz Cellcept, Quensyl und Predni (z.Zt. 20 mg) – auch ziemlich bescheiden 🙁
    Habe trotz anfänglich gutem Ansprechen auf das Cellcept wieder einen schlimmen Schub bekommen.
    Warum auch immer…….?

    Du sprichst das Vertrauen an: Genau das ist auch eines meiner Probleme.
    Ich könnte schon ein dickes Buch schreiben, nur über die Erfahrungen mit den Ärzten, dem Gesundheitssystem im allgemeine etc.
    Und du und Antje sicher auch 😉

    Es ist überwiegend frustrierend und die fehlende Menschlichkeit, Zeit für den Patienten mit all seinen Fragen und oft auch Unsicherheiten, fehlt komplett.
    Dabei sind wir doch keine Maschinen, die zur Reparatur kommen, sondern immer noch Menschen aus Fleisch und Blut!

    Na ja, es hilft nichts, irgendwie müssen wir ja mit diesem System zurecht kommen. Wie Antje schon schrieb, es geht wohl nur noch um die Kosten….alles andere bleibt oft auf der Strecke.

    Du schreibst:

    Ich brauche da oft Tage bis ich wieder Boden unter den Füßen hab

    Ja, so geht´s mir leider auch….
    Dieses System ist nix für chronisch Kranke, die ein etwas „dünneres Nervenkostüm“ haben! Obwohl gerade das ja auch eben häufig mit der Erkrankung zusammenhängt.

    Ich schicke dir ein paar lichtvolle Gedanken und wünsche dir auch, dass du deinen Termin im Januar etwas verdrängen kannst und die kommende Weihnachtszeit doch ein bisschen genießen kannst!

    Alles Liebe für dich,
    Milka

  6. Hallo Ihr Lieben,

    heute geht es meinem „Seelchen“ schon wieder etwas besser. Ich glaube Antjes frische Ostseebrise hat geholfen, die düsteren Gedanken etwas zu verscheuchen.

    Ich bin im Sommer von Azathioprin auf MTX umgestellt worden. Im Moment bin ich nun bei 200mg Quensil, 15mg MTX und 10mg Predni. Und mir geht es ähnlich wie Dir , liebe Milka. Hab zunächst eine deutliche Verbesserung gespürt und jetzt wieder einen Schub bekommen. Da kann einem schon mal die Zuversicht abhanden kommen.

    Aber es tut gut zu wissen, dass man nicht alleine ist und man zwischendurch auch mal traurig und etwas mutlos sein darf.

    Was das Gesundheitssystem anbelangt. Ja, es wird einem wirklich nicht einfach gemacht zu vertrauen, obwohl das für uns als Patienten doch so wichtig wäre. Auch ich denke, dass sich am System selbst nicht viel verändern lassen wird. Das ganze Gesundheitswesen ist einfach auf Profit ausgerichtet und nicht nur wir, sondern eben auch die Ärzte sind diesem Druck oftmals ausgesetzt, was sicherlich mitunter ein Grund dafür ist, dass es uns oft so schwer gemacht wird.

    Wo ich allerdings schon Veränderungsmöglichkeiten sehen würde, ist der Bereich der Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Ich denke auch unter Zeitdruck sollte eine gute und wertschätzende Kommunikation möglich sein. Und schon alleine hierdurch könnte sicherlich eine Atmosphäre geschaffen werden, die es uns leichter machen würde Vertrauen zu schenken.

    Ich denke, dass vielen Ärzten leider noch nicht einmal annähernd klar ist wie viel zusätzliches Leid sie durch unbedachte und unüberlegte Äußerungen anrichten und wie kostbar es für uns wäre, wenn ein wenig mehr Empathie an den Tag gelegt werden würde.

    An dieser Stelle müsste dringend mehr Bewusstsein geschaffen werden, was einer meiner Gründe ist, weshalb ich auf meinem Blog schreibe.

    Na ja, vielleicht ist es ja auch einfach nur der Versuch mich aus dieser Ohnmacht zu befreien. Nicht alles einfach still und stumm hinnehmen zu müssen. Gefangen sind wir ja alle irgendwie in diesem System, ob wir nun wollen oder nicht.

    Auf jeden Fall tut es gut spüren zu können, dass man nicht ganz alleine ist in diesem nicht enden wollenden Kampf . Das nimmt einem ein wenig das Gefühl der Verlorenheit, was ich als sehr, sehr kostbar empfinde. An dieser Stelle, Dir liebe Antje, auch nochmals vielen Dank für den tollen Artikel.

    Jetzt wünsche ich Euch beiden erstmal ganz viel Kraft um mit der Erkrankung und den „Wirren“ unseres Gesundheitswesens zurecht zu kommen.

    Habt einen ganz wunderbaren, vor allen Dingen möglichst schmerzfreien Tag und fühlt Euch herzlichst gegrüßt

    Daniela

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