Suchmaschinenmedizin – wie es ist

Diagnosen googeln – ich bin dafür.

Ha, das ist doch mal eine hübsch reisserische Überschrift :)!

Aber im Ernst: es wird sehr gern und auch gern sehr plakativ darüber berichtet, wie schädlich es ist Diagnosen zu googeln. Man würde sich kränker fühlen, schlimme Diagnosen zu Bagatellsymptomen finden. Den Ärzten ihre Behandlung diktieren wollen und am Ende kränker sein als zuvor.

Differenziert denken und suchen

Als Suchmaschinennutzer und Internetleser sollte man es gewohnt sein, kritisch zu lesen, Quellen zu hinterfragen und sich nicht nur auf eine Meinung zu verlassen. Ich gehe davon aus, dass Lupis oder auch potentielle Kollagenosepatienten mit Symptomen, die schon lange nicht eingeordnet werden konnten, differenziert denken und suchen. Und wenn man das voraussetzt, dann ist Symptome googeln eine gute Sache.

Denn als Patient kennt man seinen Körper und die Symptome genau. Man kann in Ruhe recherchieren und gerade bei seltenen Erkrankungen, und/oder wenn man schon länger auf der Suche nach der Ursache seiner Beschwerden ist, Differentialdiagnosen ausschliessen und mögliche Diagnosen erkennen.

Gerade in Facharztsprechstunden erlebe ich es immer wieder, dass kaum Zeit für ein Gespräch ist. Die Vorgeschichte wird meist via Fragebogen erhoben, mitunter nicht einmal gelesen. Es werden kurz Symptome abgefragt, dann folgt ggf. eine körperliche Untersuchung, Blutentnahme, technische Untersuchung, mit Glück eine Diagnose, Rezept, auf Wiedersehen. Für einen echten Austausch mit Themen wie was wurde schon untersucht, wann, wie, wo treten die Symptome auf, im Zusammenhang mit was und was verändert sich, fehlt häufig die Zeit und die Abrechnungsziffer.

Ich google meine Symptome

Meine Lupus-Diagnose erhielt ich, bevor ich Zugriff aufs Internet hatte. Auch mit der Diagnose waren dort (im Jahr 2000) nicht besonders viele Informationen zu finden. Von dem bisschen war auch noch einiges falsch oder veraltet. Alte Hasen erkennen hier die Geburtsstunde von lupus-live. Doch nur wenige Jahre später gibt es wirklich viele und auch wirklich fundierte Informationen zu Lupus und vielen anderen seltenen Krankheiten im Internet. Ich fand und finde Austausch, Erfahrungen und Selbsthilfe. Und habe ich neue Beschwerden kann ich gucken, ob es in die Lupus-Schublade passt, zu meinen anderen Erkrankungen oder ob sich eine neue Baustelle auftut.

Vor ein paar Jahren bekam ich ganz schleichend und langsam neue Symptome, die ich zunächst ignorierte, bei meinem damaligen Hausarzt ansprach und die dort abgetan wurden. Mir passiert das oft, dass Krankheiten und Symptome ausserhalb meiner schwerwiegenden Diagnosen abgewiegelt werden. Anscheinend ist z. B. Kopfschmerz nicht so schlimm, wenn man keinen Schub hat… Wie auch immer, ich wartete also wieder ab, dann nervte es mehr, ich googelte und kam zu dem Schluss, dass es hormonell bedingt sein könnte, am ehesten Schilddrüse. Ich „erschlich“ mir eine Überweisung zum Spezialisten, wurde untersucht, es war alles grenzwertig, versuchen sie mal Tabletten – tschüss.

Die Beschwerden besserten sich nicht, der Hausarzt nahm die Verdachtsdiagnose nicht ernst, ich hörte mit den Tabletten wieder auf und durch unseren Bau und Umzug liess ich das Thema erstmal laaaange schleifen. Im letzten Jahr wurde alles akuter und nerviger, so dass ich erneut die Suchmaschinen befragte, altbekannte Ergebnisse erhielt und Mut fasste, die Sache nochmal anzugehen.

Der folgende Weg war holprig, und nicht jeder Arzt war einverstanden, wie ich die Sache anging, aber am Ende stand eine Diagnose und eine Therapie, die nun hoffentlich irgendwann auch mal greift.

Es ist gut, sich und seinen Körper zu kennen. Es ist gut seine Diagnosen gut zu kennen, zu wissen, was die Krankheit bedeutet und mit sich bringt. Es ist gut sich mit seinen Diagnosen und Symptomen auseinanderzusetzen und es ist auch gut Impulse für den Behandler geben zu können. Und schliesslich ist auch gut, wenn man dann auf Ärzte trifft, die die Vorteile eines mündigen Patientens erkennen und gemeinsam mit ihm die Behandlung in Angriff nehmen.

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1 Kommentar zu „Suchmaschinenmedizin – wie es ist“

  1. Jean-Jacques Sarton

    Seit der Diagnose meiner Frau befasse ich mit ihre Erkrankung und benutze natürlich dass Internet. Die Ursprüngliche Diagnose war falsch, dies kann die Ärzte nicht angelastet werden, spezifische Symptome waren noch nicht vorhanden. Als bestimmte eigenartige Vorfälle auftraten entdeckte ich eine Erkrankung die, laut Beschreibung, sehr den vorhandene Symptome meine Geliebte entsprach.
    Alles was ich über der Erkrankungen weis, habe ich vom Internet, allerdings nicht von eine der zahlreichen unseriöse Seiten die freundlicherweise präsentiert werden. Recherche sind Zeitraubend und ausreichend gute englische Kenntnisse von Vorteil.
    Auch bei den seriösen Publikationen, gilt es aufmerksam zu sein, dort können auch Fehler vorhanden sein oder wenn man auf ein Artikel stößt der von Nachrichten Medien erwähnt werden, sind reißerische Schlagzeilen vorhanden die eigentlich nicht die Ergebnisse korrekt wiedergeben.

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