Corona – wie es ist (2022-Edition)

Corona ist immer noch da, präsent, eine Gefahr für mich und viele andere Risikopatient*Innen. Der Schutz der vulnerablen Gruppen wurde immer weiter aufgeweicht und nun wohl aufgegeben. Dank Covidioten*Innen, Impfverweigerer*Innen, einer Medienlandschaft, die nur der nächsten Klick hinterher rennt, anstatt aufzuklären und objektiv zu informieren und einer Politik, die diesen und dem Druck der Wirtschaft nachgibt, ohne Alternativen für eine grosse, aber lobbylose Gruppe von Menschen zu schaffen, sitze ich – und mit mir meine Familie – nun in Jahr 3 hier und warte auf bessere Zeiten.

Therapie

Rituximab

Da der schwere Schub meiner rheumatoiden Arthritis mit Cortison und Benlysta nicht aufzuhalten war, die Gelenkschäden im letzten Jahr immer schneller voran schritten, habe ich mich sehr schwer und unsicher zur Rituximab-Therapie entschlossen. Die Rheumatologin empfahl es mir quasi als einzige echte Möglichkeit und schliesslich konnte ich die Schmerzen und den rasanten körperlichen Verfall einfach nicht mehr aushalten.

Warum ich mich so schwer getan habe?

Rituximab ist ein Antikörper, der sich an die B-Zellen heftet und damit anderen Zellen das Kommando gibt, die B-Zellen zu zerstören. Das funktioniert ganz hervorragend, so dass die spinnerten Autoantikörper verschwinden. Doch auch vor den mühsam angeimpften Covid-Antikörpern machen sie keinen Halt und so verschwand mein Impfschutz nach zwei Infusionen ins Nirvana.
Somit habe ich folgende Situation: lungenkrank, immunsupprimiert, Organschäden, 3 Schulkinder, berufstätig in einer Arztpraxis, quasi ungeimpft – hmpf. Immerhin mit deutlich weniger Gelenkschmerzen – yeah!

Impfstatus

Im Moment bin ich also ohne Covid-Antikörper, zwei Impfungen bekam ich vor der Therapie. Boostern lassen kann ich mich erst frühestens 5 Monate nach der 2. Infusion, das wäre im April. Meine Rheumatologin bot mir eine Zwischenimpfung an, die die Stiko wohl für bestimmte Risikogruppen und Immunsupprimierte zugelassen hat. Meinte aber gleich, dass das eher für mich wäre, als wirklichen Schutz zu bieten. Eventuell ist trotzdem ein geringer (?) Schutz über die T-Zellen vorhanden, aber da bin ich raus, blicke ich nicht mehr durch.
Für mich heisst das, ich werde jetzt erstmal diese Zwischenimpfung wahrnehmen und mich im April (nach B-Zell-Bestimmung) regulär boostern lassen.

Alltag

Beruf

Seit September 2021 bin ich mittlerweile zuhause. Im letzten Jahr ist mir das noch recht leichtgefallen, denn ich konnte einfach nicht. Ich konnte nicht weit genug gehen, schon der Weg vom Parkhaus in die Praxis war zuviel. Es ging auch nicht, weil ich mich mit den Schmerzen, der Fatigue und dem Brainfog gar nicht konzentrieren konnte. Noch immer habe ich Tage, an denen ich mich ausblende und gar nichts mitbekomme. Das geht im Job einfach nicht.
Seit Januar kann ich deutlich besser laufen und auch die anderen Gelenke schmerzen nur sporadisch, so dass ich mir stundenweise Arbeit gut vorstellen kann. Wäre da nicht der Impfschutz…

Freizeit

Unsere Freizeit hat sich deutlich verändert, durch Corona und durch meine körperlichen Einschränkungen. Wir machen viel weniger Ausflüge, und wenn dann nur zu Sachen, die draussen sind. Jetzt im Winter und auch schon im Herbst sind das dann halt Spaziergänge. Stehen die Kinder sehr drauf! Meine Gehstrecke ist beschränkt, wenn auch mittlerweile viel besser und das Wetter lockt auch nicht immer.
Die Strecken vom Haus aus, die meiner Reichweite entsprechen, kenne ich wirklich mittlerweile in – und auswendig. Der Strand würde mich durchaus täglich reizen, ist aber nur über eine laaaange Treppe oder eine steile Schräge zu erreichen, die ich zwar runter, aber nur schwer wieder hochkomme (wir erinnern uns: Lunge, Teufelsknie).
War ich vorher kontaktarm, bin ich jetzt praktisch kontaktlos. Es kommt niemand, ich gehe nirgends hin. Das kleine Kind verabredet sich manchmal mit ausgewählten Kindern.
Ansonsten lese ich mehr, kenne alle relevanten und irrelevanten Serien, räume im Haus herum, koche dauernd.
Wir spielen öfter Gesellschaftsspiele.
Ich reite nicht mehr. Irgendwann ging es von den Gelenken nicht mehr, ich konnte den Sattel nicht tragen, mich kaum auf dem Pferd halten. Ohne Einkommen ist es auch zu teuer. Es fehlt mir allerdings sehr, weil ich dabei so wirklich richtig und komplett abschalten konnte.

Essen

Die Ernährung ist ein sehr wichtiges Thema geworden, das den Tagesablauf bestimmt und für gute und schlechte Stimmung sorgt.
Wir bestellen viel häufiger Essen als früher. Zum einen natürlich für die Abwechslung und weil man halt nicht Essen geht. Zum anderen aber auch, weil ich die Einzige bin, die regelmässig kocht, sich überhaupt ums Essen kümmert und manchmal eine Pause von der ganzen Zubereitung und Planung brauche. Als ich körperlich kaum in der Lage war, musste ich trotzdem ran oder halt bestellen. Das bringt jedes Budget durcheinander.

Sonstige Bemerknisse

Ich kleide mich anders. Sehr viel Flausch, Nikki, Fleece, Strick, sehr viel Gemütlichkeitshosen, fast nie Socken, sondern Plüschhausstiefel. T-Shirts statt Blusen, Strickjacken, warm und gross.

Ich sortiere Menschen in Kästchen. Schauspieler*innen sind unguckbar geworden, Sänger*Innen unhörbar, dafür verteile ich neue Sympathiepunkte an Impfwerbeträger*Innen, Twitteraufklärer*Innen. Auch im Alltag ist es ein Abtasten, ein vorsichtiges Aushorchen, auf Nuancen hören.

Ich schneide meine Haare selbst. Mal besser, mal schlechter. Geht aber.

Auf dem Flur stehen Desinfektionsmittel rum, ein Korb mit Masken in verschiedenen Farben, in meiner Handtasche ist ein antivitales Mundspray und Desinfektionsmittel.

Ich habe mit meiner Hausärztin und der Rheumatologin besprochen, was ich mache, wenn ich positiv teste. Meine Rheumatologin hat mit der Hausärztin besprochen, welche Medikamente ich im Fall der Fälle bekomme und wo ich zur Antikörpertherapie stationär gehen muss.

Kinder

Impfung

Die Kinder sind geimpft und geboostert. Mit dem Jüngsten fuhr der Hausmeister a. D. für die Erstimpfung bis nach Ostfriesland (danke Rote Rose und U12Schutz). Der Zweitimpfung war hier vor Ort möglich. Die beiden anderen Kinder haben sich gleich als sie durften impfen und boostern lassen.

Schule

Das grosse Kind geht zur Schule und zu seinem Job. Es verabredet sich auch.
Das  Mittelkind und das kleine Kind sind seit Weihnachten zuhause. Sie lernen jeden Vormittag, wir laufen jeden Tag ein bisschen herum, manchmal erledigen wir eine Besorgung zusammen. Die Aussetzung der Präsenz war problemlos, liegt an der Schule. Der Schulstoff kommt von einigen Lehrer*Innen regelmässig, von anderen nur auf Nachfrage, von wenigen gar nicht.
Im Moment geht es ihnen gut damit, wenn sich das ändert, machen wir es anders.

Freizeit

Zum Tennis gehen sie zur Zeit nicht, wohl aber Zeitungen austragen und zum Schreibtraining. Sie dürften sich auch verabreden, machen es aber nicht oder selten.

Wie es weitergeht

Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung.
Für die Arbeit zeichnet sich eine Lösung ab. Das wäre wunderbar. Denn ich brauche noch mindestens 24 Monate sozialversicherungspflichtige Tätigkeit. Noch besser wäre es langfristig wieder arbeiten zu können.
Die Kinder sollen im März wieder zur Schule gehen. So ist der momentane Plan. Natürlich müssen wir erst die Zahlen sehen. Dass die Maskenpflicht – die einfachste und sehr effektive Form des Schutzes – fällt, macht es nicht leichter.
Um den Frühling und Sommer mache ich mir nicht so grosse Gedanken. Aber was ich tue, wenn im Mai oder Juni wieder Rituximab fällig ist, das mache ich komplett von meiner Gelenksituation, der Coronalage, meinem Impfstatus und was weiss ich abhängig.

2 Kommentare zu „Corona – wie es ist (2022-Edition)“

  1. Leider verschaffen sich die ….gegner und sonstigen Schreihälse zuviel Gehör.
    Den vulnerablen ist es eben nicht möglich, jeden Montag plärrend auf den Straßen zu stehen, kein Wunder werden sie nicht beachtet.
    Ich wünsche Ihnen alles Gute. Auch wenn keine Antikörper mehr nachweisbar sind, wird sich der Körper erinnern, denn er hatte durch die Impfung ja schon Kontakt.
    Ich bin eine stille Bewunderin Ihres Lebensmutes und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

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