Diagnosesuche Claudia, Jg. 1971

Diagnosestellung SLE 2003

Ein liebes Hallo an alle anderen Betroffenen!

Bis vor ca. 3 Jahren war meine Welt noch völlig in Ordnung. Ich habe meinen Job als Krankenschwester gemacht, habe zusätzlich noch die Hälfte meiner freien Tage für einen Nebenjob geopfert, bin 2-3 mal die Woche zum Kampfsport gegangen (Kung fu – schööön war das), war viel mit Freunden unterwegs und hab mir immer wieder neue, interessante Hobbys gesucht. Ich war immer etwas Hyperaktiv, im Nachhinein gesehen. Das alles habe ich geschafft, obwohl ich 2 Schachteln Zigaretten am Tag geraucht habe und bei einer Größe von 1,68 m 90 Kilo wog.
Alles fing damit an, dass ich im Training auf einmal so komische „Anfälle“ hatte, mit Flimmern vor den Augen und dem Gefühl, als würde man durch ne gesprungene Scheibe blicken. Das trat dann immer wieder auf und ich bekam richtig Angst, dass ich im Training mal umfallen könnte. Also hab ich das Training mit der Begründung aufgegeben, ich müsse erstmal mein Gewicht reduzieren (und das Rauchen…) bis ich wieder weiter machen könne. Das sah ich nämlich als Ursache an. Ich stellte meine Ernährung um, aber die Pfunde purzelten nicht. Klar, wenn man keinen Sport mehr macht. Aber dazu war ich nicht mehr in der Lage. Wenn ich von der Arbeit kam, tat mir alles weh, als würde ich eine Grippe ausbrüten, da war dann Sport o. ä. nicht mehr drin.
Im Sommer ging es mir dann mal richtig schlecht. Mir erschien schon mein halbstündiger Fußmarsch zur Arbeit als Überanstrengung, ich hatte Sehstörungen (flimmern, verschwommen sehen) und Kreislaufbeschwerden. Ich sitze ja quasi „an der Quelle“ als Krankenschwester, also kontrollierte ich ein paar mal den Blutdruck. Der war in Ruhe 170/100, einmal auch 180/100. Mist, dachte ich: Rauchen und Übergewicht! Zwei Tage lang ging ich noch damit arbeiten (man will ja nicht Wehleidig sein als Krankenschwester!), dann bekam ich einen Migräneanfall dazu, der mich dazu nötigte, mir einen Hausarzt zu suchen und hinzugehen. Der nahm mich irgendwie gar nicht für ernst. Er sagte, er würde mich nicht kennen, und darum müsse er mich fragen, ob ich mich am Medikamentenschrank mit Aufputschmitteln bedient hätte, weil ich ihm etwas agitiert (durcheinander) vorkäme. Ich war ziemlich begriffsstutzig und fragte nur, was für Aufputschmittel es da denn gäbe im Medikamentenschrank?? (Sowas haben wir gar nicht auf meiner Station) Damals hätte ich mir einen anderen Arzt suchen sollen, aber ich tat es nicht, weil ich zu schlecht beinander war, und als es mir wieder besser ging, war es mir egal, weil ich mir dachte, dass ich eh so gut wie nie nen Doktor brauche. Die Migräne entwickelte sich zu chronischen Kopfschmerzen, dann taten mir auch oft mal ne Woche oder zwei die Finger- und Handgelenke weh. Ich nahm bald schon automatisch Schmerzmittel und irgendwann wurde mir bewußt, dass ich schon 1-2 Schachteln Paracetamol im Monat brauchte. Meinen Nebenjob kündigte ich, meine Hobbys und Freizeitaktivitäten versiegten immer mehr im Sand, aber im Job lief es noch, das war mir die Hauptsache.

Dann bekam ich einen Virusinfekt, und ich war nicht wie sonst nach 2-3 Tagen wieder fit, sondern dann ging es erst richtig los: Wieder Fieber, Gelenkschmerzen, Schwindelanfälle (weil ich ja unbedingt arbeiten wollte, es war nämlich Ostern, und da siehts schlecht aus mit Krankheitsvertung) und dann einen Ausschlag im Gesicht. Ich war knallrot auf den Wangen und der Nase. Meine Stationsärztin sagte, ich solle zu Hausarzt gehen und Blutkulturen abnehmen lassen – da wär etwas nicht in Ordnung. Das reichte, um mir Angst zu machen. Doch mein Hausarzt sagte sofort: Allergie. Ein bißchen unlogisch erschien mir das schon, aber die Antihistamintabletten und Kortisonsalbe halfen dann doch, also dachte ich mir: Ärzte wissen einfach mehr. 

Dann fing es an, dass ich immer wieder Soor im Mund hatte und kleine Wunden in der Mundschleimhaut, die ich aber für kleine Verletzungen hielt. Dann immer wieder Durchfall. Wechselnde Gelenkbeschwerden und Krankheitsgefühl. Claudia, dachte ich mir, mit Deinem Immunsystem stimmt was nicht. Mein Hausarzt sagte, ich solle mit dem Rauchen aufhören, und ich dachte: Claudia, Du bist zu wehleidig geworden! So ging es dann weiter. Ich hab mich immer wieder unerklärlich schlecht gefühlt und hab dann plötzlich sehr schnell sehr viel abgenommen. Innerhalb von ca. 5 Monaten 15 Kilo und ich konnte essen was ich wollte. Erst hab ich mich gefreut, dann gewundert, dann bekam ich Schiss. Dann stellte ich fest, woher mein hoher Energieumsatz kommt: Ich hatte Fieberschübe. Morgens erhöhte Temp. abends Fieber und mich wohl schon etwas daran gewöhnt, denn dafür ging es mir noch relativ gut. Also wieder zum Doktor! Meine Lunge war in Ordnung, meine Entzündungswerte erhöht, aber nicht dramatisch. Mein Doc sagte, ich habe wohl eine chronische Entzündung, aber es finde sich keinen Hinweis, woher. Also erstmal Antibiotika. Mir ging es immer mal wieder eine Zeitlang besser, dann gingen die ganzen Beschwerden wieder los. Damals waren die ANAs schon erhöht, es stand immer der Hinweis vom Labor dabei, dass das Hinweis auf eine Kollagenose ist und das man noch weitere Antikörper testen solle. Ich muß aber gestehen, dass ich nicht wußte, was ne Kollagenose ist (bin ja nur ne kleine Reha-Schwester, hab also nichts mit Akutmedizin zu tun) und informieren wollte ich mich nicht, um mich nicht verrückt zu machen. Da auch mein Hausarzt nicht darauf einging, dachte ich, es wäre ein Befund, der auch bei Gesunden vor kommt. Irgendwann wurde es mir zu bunt und ich ging zu einem Orthopäden, weil ich das mit den Gelenkschmerzen nicht länger aushalten wollte. Ich wollte mal von den Schmerzmitteln loskommen, inzwischen war ich bei Ibuprofen angelangt und Paracetamol, meistens miteinander kombiniert.
Der Orthopäde schob das ganze mal nicht aufs Rauchen (Ich hatte ja meinen Zigarettenkonsum schon auf ne halbe Schachtel tgl. reduziert und schon Zeitweise gar nicht mehr geraucht). Er war entsetzt, dass ich nicht zum Kardiolgen geschickt worden war und holte dies nach. Dann wollte er noch dass ich zu einem Neurologen gehe, weil ich eine Muskelschwäche und Muskelzittern im rechten Bein hatte, eine beginnende Spastik. Mir ist das selber nicht aufgefallen, aber er sagte neurologisch sei etwas nicht in Ordnung. Beim Kardiologen kam dann ein kleiner Klappenfehler heraus, ein kleiner Defekt in der Herzscheidewand, aber insgesamt zum Glück nichts was nicht auch ein Gesunder haben kann und was mich nicht so einschränken dürfte. Mein Hausarzt sagte „Wer suchet, der findet“ und jeder Facharzt würde irgendeinen Zufallsbefund finden, der nichts zu bedeuten hat. Naja, ich strich dann den Neurologen von meiner Liste, weil ich Angst hatte dann als Hypochonder da zu stehen.
Ich fing dann an Buch zu führen über meine Fieberschübe und Beschwerden und selber heraus zu finden, ob es vielleicht einfach nur Streß ist, oder Hormonschwankungen,… Ich kam auf keinen gemeinsamen Nenner und mußte mir immer wieder schlechte Scherze von meinem Hausarzt anhören, die ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vertragen konnte. Ich war entschlossen, nie wieder zum Arzt zu gehen. Ich bin gerne Krankenschwester, aber wenn sich dann alles umkehrt und man selber Patient ist, dann ist man genauso hilflos wie ein kompletter Laie!
Leider machte mir mein Körper einen Strich durch die Rechnung und ich bekam wieder diesen „Ausschlag“ im Gesicht. Diesmal viel schlimmer, mir kam es vor, als würde mein Körper die eigene Haut abstoßen und genauso sah es aus und tat auch weh. Dazu Fieber, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit. Es nützte Nichts, ich mußte zu einem Arzt gehen und zum Glück hatte mein Hausarzt Urlaub, sonst wäre ich wieder zu ihm gegangen!
Ich bin zu einem Vertretungsarzt gegangen, erst wollte ich gar nicht hin, weil das ein Arzt mit Schwerpunkt Naturheilkunde ist, und davon habe ich bisher nicht viel gehalten. Der diagnostizierte den Lupus auf den ersten Blick. Er nahm sich ziemlich viel Zeit, sagte mir, ich hätte wohl den systemischen Lupus und man müsse eine neurol. Mitbeteiligung annehmen. Zu dem Zeitpunkt war ich, glaube ich, gar nicht richtig Zurechnungsfähig, denn ich dachte nur: Was will der Kerl von mir?

Ich ging wieder zu meinem Hausarzt, der das aber ernst nahm und zugab, dass er sich mit dieser Erkrankung nicht auskennt. Er überwies mich zum Rheumatologen und Dermatologen, die Diagnose SLE wurde gesichtert, ich wurde eingestellt. Ich war inzwischen nur noch 65 Kilo schwer, hatte insgesamt über 20 Kilo Gewicht verloren und es stellte sich heraus, dass ich eine autoimmun bedingte Schiddrüsenentzündung hatte. Das war letztes Jahr. Tja, ich dachte mit dem Einstellen auf Medikamente wäre die Krankheit erledigt und habe mich auch geweigert, mich damit auseinander zu setzen. Die Medikamente wurden reduziert und umgestellt, ich bekam wieder die altbekannten Beschwerden, aber ich rutschte auch in ein tiefes Loch, wo ich mir dachte: Wenn mich die Krankheit endlich umbringen würde, dann hätte ich endlich Ruhe. Helfen kann man mir wohl nicht, einstellen wohl offensichtlich auch nicht und eigentlich war mir das alles schon egal.
Nach Aussen hin habe ich mich noch als die lebenslustige Claudia präsentieren können, doch in Wirklichkeit habe ich schon darüber nachgedacht, wann ich selber einen Schlußstrich für mich ziehen werde, wenn es die Krankheit nicht tut. Dass das Depressionen sind, habe ich nicht mehr gecheckt. Dann kamen fokale Anfälle, kurzzeitige Orientierungsstörungen, dann ein komplex-fokaler Anfall in der Arbeit. Ich war hinterher so verwirrt und unkooperativ, dass meine Kollegen nicht in der Lage waren mich zu halten und dahin zu schicken, wo ich hin gehörte: Auf die Neurologie. Ich war auch so völlig verändert: Völlig uneinsichtig, meine Freunde versuchten ja schon seit Wochen, mich zum Doktor zu bewegen. Erst nach dem komplex-fokalen Anfall ging ich zum Doc und lies mich mit der Vermutung „Kreislaufschwäche“ vertrösten. Ich würde schon keinen Hirntumor haben, sagte der mir. Letztendlich kam ich dann doch ins Krankenhaus als Patient, denn der Oberarzt meiner Station, der auch Neurologe ist, wurde zum Glück von meinen Kollegen informiert, die sich große Sorgen machten. Der zitierte mich auf der Stelle ins Krankenhaus, wo ich dann durchgecheckt und neu eingestellt wurde. Natürlich muß ich jetzt stärkere Medikamente nehmen, aber es geht mir jetzt endlich mal gut. Mir kommt die ganze Zeit vor wie ein einziger Alptraum und jetzt habe ich mir natürlich auch einen guten Hausarzt gesucht. Jetzt bin ich auch schon eine Zeit lang Anfallsfrei. Einen cutanen Lupus hatte ich jetzt im Frühling mal wieder, aber wenigstens sonst Nichts. Ich bin nur froh, dass es mich nicht schlimmer erwischt hat, aber das weiss ich erst jetzt zu schätzen. 

So, das war jetzt meine Lupus-Laufbahn, ist n halber Roman geworden (Lach!). Es freut mich, dass sich hier so viele dran beteiligen, es hat mir sehr geholfen einige Berichte zu lesen. 

Ich wünsche allen anderen Betroffenen alles Gute!

Claudia

2 Kommentare zu „Diagnosesuche Claudia, Jg. 1971“

  1. Hallo Claudia,

    ich habe deinen Blog gefunden als ich nach Krankenschwestern mit Lupus suchte. Wurde vor 2 Jahren mit SLE diagnióstiziert, als ich plötzlich für fast 2 Stunden nichts mehr sehen konnte. Ein Blutgerinnsel hatte den Optik-Nerv blockiert. MRT, Doppler und Ultrasound später fand ein Kardiologe sehr eingeengte Gefäße, Fieber und ein super rotes Gesicht. Blutuntersuchungen haben dann den Verdacht bestätigt.

    Momentan geht es mir glücklicherweise relativ gut, natürlich habe ich weniger Energy etc. Aber ich arbeite noch immer als Krankenschwester im KH. Nur bemerke ich seit 6 Monaten das ich nun schon die 3. schwere Erkältung habe und es ewig dauert bis es abklingt.

    Was sind Deine Erfahrungen? Ich frag mich nun ob es so klug ist in einem KH zu arbeiten, wo man ja doch ständig Krankheitserregern ausgesetzt ist und es vielleicht nicht die beste Idee ist wenn man eh ein überaktives Immunsystem hat.

    Wie ging / geht es dir damit?

    Viele Grüße
    Michaela

    1. Hallo Michaela,
      ich weiss nicht, ob Claudia hier noch mitliest. Der Beitrag ist schon etwas älter und sie hat leider keine öffentliche Kontaktadresse angegeben.
      GGf. frag noch einmal im Forum nach :).
      Liebe Grüsse
      Antje

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