Ines

Meine Lupusgeschichte

Nun sitze ich hier, und versuche mich zu erinnern, wie und wann alles angefangen hat…
Es muss im Jahr 1990 gewesen sein, als ich aus ganz unerklärlichen Gründen plötzlich eine knallrote Nase bekam. Wenn ich mir die alten Fotos anschaue, denke ich, wäre das ein wunderschönes Werbeplakat für den Red-Nose-Day gewesen!!!
Also, wohin, wenn man Probleme mit der Haut hat? Auf, zum Hautarzt, Termin gemacht…
Was passierte da? Allergietest, Blutentnahme… Nichts gefunden… Kortisonsalbe, die brachte meine Nase bloß dazu, von Knallrot auf ein Dunkelrot umzuschwenken… Dann 1991 im Sommer, nach dem x-ten Besuch hatte mein Hautarzt genug, und teilte mir mit, es wäre an der Zeit, mal eine Gewebeprobe zu entnehmen Gesagt, getan. Ich bekam eine Spritze in die Nase, mir stiegen die Tränen in die Augen… und ich hatte wunderschöne blaue Fäden an meiner Nase.
Eine Woche des WARTENS bis zu dem Ergebnis. Es schossen mir Dinge wie Hautkrebs durch den Kopf… Dann das Ergebnis: Lupus erythematodes … damit konnte ich überhaupt nichts anfangen.
So richtig habe ich wohl damals auch nicht zugehört, ich weiß es nicht mehr…
Ich kann mich nur daran erinnern, ich solle ohne Schutz nicht mehr in die Sonne, verstand das Ganze als eine Art Hautkrankheit… zum Glück kein Krebs… Zu der Zeit bekam ich meine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 60 noch auf Rezept von der Krankenkasse…
Ich legte mir ein ganzes Sortiment an Basecaps und Mützen gegen die garstige Sonne zu…!
Ich dachte, damit wäre das Ganze erledigt, die Jahre zogen ins Land, ich dachte, ich hätte alles im Griff. Das ist ja nur so eine Art Sonnenallergie.
In manchen superheißen Sommern hatte ich so meine Probleme, genauso wie nach super ätzenden Arbeitstagen, wenn die Kunden und die Chefs wieder genervt haben… da explodierte mein Gesicht… zärtlich nannte ich diese Explosionen meine Panikpickel…
Dann im Jahr 2000, im April, kam ich mit meinem heutigen Mann zusammen und im Mai, als wir das erste Mal gemeinsam im Urlaub waren (auf Ameland/ holländische Insel), bekam ich das letzte Mal in meinem Leben meine schöne rote Nase….bzw. das Schmetterlingssyndrom.
Mein Mann, ein sehr ruhiger Zeitgenosse, fing viel von dem Stress auf, den ich auf der Arbeit hatte…, ich sage nur EINZELHANDEL…! Endlich hatte ich einen wunderbaren Partner gefunden. Man muss doch erst viele Frösche küssen, bevor man seinen Prinzen findet… OK ich schweife ab…!
Also, der Lupus war vergessen, ich glücklich mit meinem jetzigen Mann.

30.Juni 2003 endlich SCHWANGER!!! Fast ein Jahr hatten wir probiert…, der Test zuhause positiv…
11.Juli 2003 ich habe mein Baby auf dem Ultraschall gesehen, das Herz hat geschlagen, ich habe ein erstes Bild mitbekommen für die Familie! Überglücklich, mir kamen die Tränen, wie auch jetzt wieder beim Schreiben!
Meine Schwangerschaft verlief fast ohne Probleme. Ich war oft müde, etwas niedergeschlagen, lustlos…, ich dachte das müssen die Hormone sein…..
Bei einer der Vorsorgeuntersuchungen wurde Blut im Urin festgestellt. Als nach 4 Wochen beim nächsten Vorsorgetermin wieder Blut im Urin festgestellt wurde, musste ich gleich im Anschluss noch zum Urologen, um klären zu lassen, wo das Blut herkam… Ultraschall der Blase und Nieren unauffällig, die Blutplättchen unter dem Mikroskop verschwindend gering… alles O.K laut Urologen… aufatmen… dem Zwerg ging es also gut…

26.09.2003 mein letzter Arbeitstag vor dem lang ersehnten Urlaub… ein Chef nervte… nicht mal meiner… ich den Tränen nahe…, aber es war ja bald Urlaub… Wir wollten im Urlaub heiraten! Freude!
19.10.2003 ein Datum, das ich wohl nie mehr vergessen werde! Sonntag, am Nachmittag, bekam ich unerklärliches Fieber, über 40 Grad… mein Mann rief den Notarzt…,der war der Meinung, ich solle auf meine Selbstheilungskräfte vertrauen, Wadenwickel, viel trinken (ich kriege jetzt immer noch eine RIESEN WUT!!!!) . Die Nacht ein Krampf! Als ich am Montagmorgen immer noch Fieber hatte, rief mein Mann unseren Hausarzt an, nach dem Besuch dort, grippaler Infekt….! OK, ich sollte Paracetamol nehmen! Das Fieber ging runter… aufatmen… so blöd es sich anhört, ich führte Gespräche mit dem wachsenden Leben in meinem Bauch… mein Zwerg antwortete mit Klopfen gegen die Bauchdecke und ich wusste, es ist alles in bester (UN)-Ordnung!!!
Gegen 19.00 Uhr am 20.10.2003 hatte ich Schüttelfrost, musste DRINGEND zur Toilette, hatte Durchfall, und Blutungen… mein Mann fuhr mich sofort ins nahegelegene Kreiskrankenhaus…
Dort wieder Untersuchungen, ich sollte zur Überwachung dort bleiben… lange Rede… die Wehen hatten eingesetzt, der Muttermund war geöffnet…
Gegen Morgen des 21.10.2003, mein Mann war zu diesem Zeitpunkt wieder zuhause, war der Prof. bei mir. Er erklärte mir, dass unter NORMALEN Umständen der Muttermund zugenäht werden würde, das aber nicht ginge, weil meine Blutwerte zu schlecht wären… ich bräuchte Thrombozyten, die wären total runter (bei 3000, Normal bei 150.000- 300.000) mein Mann würde kommen, und ich verlegt ins Oststadtkrankenhaus – da würde es Thrombos geben…

Dann überschlugen sich die Ereignisse, der Krankenwagen war da, mein Mann nicht… Er sollte erst im Krankenwagen mitfahren, dann als er endlich da war, wieder nicht… Ich hatte immer das Gefühl, warum betreiben die hier so einen Riesenaufwand ???? Ich will nur wissen, was aus meinem Zwerg wird!
Der Notarzt war noch bei mir, erklärte mir, dass es um mein Leben gehen würde… das interessierte mich nur leider überhaupt nicht mehr – ich machte mir mehr Gedanken um das ungeborene Leben in meinem Bauch! Mein eigenes Leben war mir unwichtig… so die Gefühle!
Im Krankenhaus wurde ich mal wieder untersucht, nach einigem Hin und Her war ich dann auf der Intensivstation. Um mein Leben zu retten, denn es stand wirklich schlecht um mich, musste die Geburt eingeleitet werden. So wurde im Beisein meiner Mutter und meines Mannes unser Sohn Tjark in der 22.SSW geboren. Leider war es noch viel zu früh für ihn! Er wurde genau 3 Minuten alt!!!!
Ich bekam nicht wirklich viel von all dem mit… hatte wohl zu viele Medikamente…!
Aber ich lebte… an die eine Woche Intensivstation kann ich mich an nicht mehr viel erinnern… Ich hatte ein akutes Nierenversagen, musste schon zu Zeiten der Intensivstation zur Dialyse…,heute denke ich oft darüber nach, ob ich nicht einen akuten SLE-Schub hatte???
Ich war plötzlich pflegebedürftig, und das in meinem Alter… Ich fühlte mich wie mindestens 150 Jahre… Konnte nicht laufen, nicht alleine auf die Toilette, musste gewaschen werden… kam mir vor wie meine eigene Uroma… Ich hatte auch Angst, um mein eigenes, kleines bisschen Leben…!
Ich hatte aber auch schöne Momente auf der Intensivstation, wenn ich an die Schwester denke, mit der ich am Scherzen war, muss ich noch immer lächeln… nach einer Woche war meine Zeit dort vorbei. Ich wurde verlegt, auf die Innere. Umdenken, nicht mehr alleine, ich mit all meinen Problemen , mit zwei weiteren Frauen auf einem Zimmer.
3 Mal die Woche musste ich zur Dialyse, das wünsche ich keinem, nicht mal meinem Feind! OK, genug gejammert….! In guter Erinnerung habe ich dort noch eine Nachtschwester und eine (der Vampir), die täglich kam um uns Blut abzunehmen.
Als ich mich mit ihr unterhielt, sagte sie zu mir, Sie haben so eine positive Lebenseinstellung und machen selbst mir noch Mut, das tat mir wirklich gut und wenn ich heute zurück denke, habe ich mich selbst nie so gesehen! Diese Rückmeldung kam oft, das ich als starke Frau gesehen wurde… eine völlig neue Erfahrung für mich!
Ich verstehe bis heute nicht, das nichts gefunden wurde, warum wir unseren Sohn verloren haben! X Frauenärzte haben mich untersucht und nicht wirklich etwas gefunden…!

Am 12.11.2003 war es dann für mich soweit… Kofferpacken… endlich wieder HEIM!!! 13.11.2003 Besuch beim Hausarzt, bis 31.12.2003 Krankgeschrieben…,ich musste noch einen Nephrologen finden, um meine Nierenwerte weiter prüfen zu lassen…
14.11.2003 mein erster Besuch beim Nephrologen eine Niederlage, der Typ war mir total unsympathisch, Blutentnahme, am nächsten Tag sollte ich wegen der Blutergebnisse noch mal anrufen… Samstag, 15.11.2003, der Anruf… meine Leukos viel zu hoch… Antibiotika… gegen Abend wieder Fieber… und Krankenhaus… auf ein Neues! 1 Woche in der Frauenklinik des Oststadtkrankenhauses. Am 21.11 2003 wurde ich dann endgültig entlassen! Zur Dialyse musste ich zum Glück nicht mehr, meine Nierenwerte haben sich seit der Zeit auf der Inneren erholt!

Mein Nephrologe machte mir das Leben zur Hölle, obwohl meine Nierenwerte immer besser wurden, bekam ich immer schlimmere Diagnosen. Ich dürfte mit meinen Werten nicht mal daran denken, überhaupt noch mal schwanger zu werden. Das warf mich völlig aus der Bahn. Bin seitdem auch in psychologischer Behandlung.
Die Nierenwerte waren dann irgendwann im Normalbereich, plötzlich stiegen die Leberwerte und die neuste Diagnose – Lupus!
Der Nephrologe hätte mich am liebsten zur Blutwertkontrolle wieder im Krankenhaus (stationär) gesehen…
Nach meinen traumatischen Krankenhauserlebnissen, hatte ich dazu überhaupt keine Meinung, und wir hielten hier in unserer Wohnung Familienrat. Mit dem Ergebnis, dass wir erst noch eine zweite Meinung dazu einholen wollten. Am nächsten Tag hatte ich dann auch schon einen Termin beim Internisten. Mit meinen gesammelten Unterlagen waren mein Mann und ich dann dort. Endlich ein Arzt, der mir weiterhelfen konnte, und uns/mich zum Thema Lupus aufklären konnte, endlich jemand mit Ahnung ! Keine Panik-Mache! Richtige Infos! Ich war überrascht, war mein Lupus Systemisch geworden? Die Abklärung sollte in der Medizinischen Hochschule Hannover stattfinden, aber AMBULANT, kein Krankenhausaufenthalt ! Und so landete ich in der Immunologie. Anfangs musste ich wöchentlich hin, um mein Blut testen zu lassen – meine Nieren arbeiten wieder zu 100 %.
Mein Lupus ist systemisch, und sitzt in der Leber! Ich bekomme Kortison, meine Leberwerte werden besser und ich konnte das Kortison von Anfangs 50 mg auf jetzt 12,5 mg reduzieren!
Am 01.07. habe ich den nächsten Termin, muss jetzt nur noch alle 4 Wochen hin! Ich bin zwar immer noch Krankgeschrieben, aber ich denke immer, ich muss jetzt erst mal an mich denken! Wenn ich am 21.10.2003 verstorben wäre, hätte ich ja auch nicht mehr arbeiten gehen können, oder ? Ich habe jetzt noch sooooo viele Fragen ! Habe ich während der Schwangerschaft einen akuten Schub erlitten und so unseren Sohn verloren? Wie geht es weiter? Wo wird mein ganz persönlicher “ WOLF“ wieder tätig?
Wann darf ich wieder schwanger werden, wir wünschen uns so sehr ein gesundes Baby?!
Tja, das war meine ganz persönliche Lupus-Geschichte!

Alles Gute an alle Lupis
Eure Ines

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