Therapie mit Cortison

Eine Therapie mit Cortison hat wohl jede Lupine schon einmal bekommen.

Unter den Namen Cortison fallen viele verschiedene Wirkstoffe, z. B. PrednisonPrednisolon, Dexamethason, Methylprednisolon, Prednisolon-hydrogensuccinatBetamethason, Fluocortolon.

Die Beipackzettel zu Medikamenten mit den verschiedenen Wirkstoffen könnt Ihr in Online-Versionen der Roten oder Gelben Liste (Medikamenten-Verzeichnisse) nachlesen, z. B. unter www.klassifix.de.

Cortison (auch Steroide, Gluco-Corticoide oder Corticosteroide genannt) ist im eigentlichen Sinn kein Medikament, sondern ein Hormon, das in jedem Körper vorkommt. Für cortisonhaltige Medikamente wird dieses Hormon künstlich hergestellt. Cortisongaben können Entzündungen jedweder Art im Körper hemmen und Überreaktionen des Immunssystems unterdrücken.

Die Einnahme von Cortison ist für viele Patienten immer noch mit einer grossen Hemmschwelle verbunden, da viele Gerüchte und Halbwahrheiten über Neben- und Wechselwirkungen von Cortison kursieren. Natürlich gibt es Nebenwirkungen, man sollte aber wissen, dass Cortison seit fast 50 Jahren eingesetzt wird und sich durch Forschung und Erfahrung die Risiken minimiert haben.Therapie mit Cortison

Körpereigenes Cortison
Cortison hat im Organismus sehr viele verschiedene Funktionen, zu den wichtigsten zählt die Stressbewältigung. In Stressphasen wird eine grössere Menge Cortison produziert und ausgeschüttet, dadurch werden die Funktionen zur Stressbewältigung aktiviert. Ausserdem beeinflusst es den Eiweiss-, Fett- und Zuckerstoffwechsel, den Knochenstoffwechsel und auch den Elektolyt-Wasserhaushalt imd die Bildung einiger Blutzellen. Die Steuerung der Cortisonproduktion erfolgt über die Hirnanhangsdrüse und andere Hormone, das Cortison selbst wird in der Nebennierenrinde gebildet. Wird im Körper kein oder nicht mehr ausreichend Cortison gebildet, ist eine Cortisongabe unumgänglich.

Cortisontherapie
Um weitere Wirkungen zu erzielen wird Cortion seit vielen Jahren höherdosiert, als es im Körper vorkommt, eingesetzt. Die wichtigsten Wirkungen in der Medizin sind Entzündungshemmung, die Unterdrückung immunologischer Reaktionen, Reifung der Lunge bei Frühgeborenen, Beseitigung von Hirnoedemen u. a.
Cortison wirkt in diesen Fällen, indem es sich mit den Zellrezeptoren verbindet, in den Zellkern eindringt und dort die Bildung von bestimmten Eiweissen auslöst. Diese Eiweisse wirken dann unmittelbar und teilweise auch mittelbar entzündungshemmend. Ausserdem verändert Cortison in hohen Dosen die Durchlässigkeit der Zellmembran, wodurch die immunsuppremierende Wirkung verstärkt wird.

Um diese Wirkweisen hervorzurufen, wird Cortison in höheren Dosierungen gegeben, als der Körper das Hormon bilden könnte. D. h. während der Behandlung besteht ein Überschuss an Cortison im Körper, welcher nicht nur erwünschte Wirkungen, sondern auch andere Auswirkungen hervorrufen kann. Dabei handelt es sich aber nicht um Nebenwirkungen im eigentlich Sinn, sondern um Auswirkungen eines längerfristig erhöhten Cortisonsspiegels im Blut, unabhängig davon, ob die Ursache dieser Erhöhung die Gabe von Cortison von aussen ist oder körperliche Ursachen hat.

Diese Auswirkungen können zum Einen das Cushing-Syndrom sein:

  • Mondgesicht (rund und rot)
  • Typische Fettverteilung (großer Rumpf, dünne Arme und Beine)
  • Büffelnacken (Fettansammlung zwischen den Schultern)
  • Gewichtszunahme
  • Verringerte Muskelmasse und -kraft
  • Striae (Dehnungsstreifen der Haut)
  • vermehrte Behaarung
  • Kopf- und Rückenschmerzen
  • Akne
  • Störung des Kohlenhydratstoffwechsels mit Durst und häufigem Wasserlassen ähnlich einem Diabetes
  • Blutzuckeranstieg
  • Blutfettanstieg
  • Impotenz
  • Aussetzen der Menstruation
  • Verstärkte Neigung zu Knochenbrüchen
  • Osteoporose
  • Erhöhter Blutdruck
  • Wassereinlagerungen
  • Neigung zu Infekten
  • Augenveränderungen (grauer/grüner Star)
  • Wachstumsstörungen bei Kindern
  • Eventuell psychische Veränderungen
  • Bei Kindern: Kombination aus Wachstumsstörung und Fettleibigkeit 

Zum anderen kann ein erhöhter Cortison-Spiegel eine Nebennierenrinden-Insuffizienz hervorrufen. 
Da der Körper durch die ständige Cortisongabe keinen Grund zur Selbstbildung mehr sieht, ist die Nebennierenrinde nicht mehr so aktiv. Bein längerer Inaktivität kann sie schrumpfen. Solange weiterhin Cortison gegeben wird, hat die Insuffizienz keine Auswirkungen, wird die Behandlung aber unterbrochen oder plötzlich beendet, kann die „träge“ gewordene Nebennierenrinde nicht so schnell die Produktion wieder aufnehmen.

Darreichungsformen
Die gängigste Art der Cortisongabe ist die Einnahme von Tabletten, der Wirkstoff wird über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen.
Sind hohe Dosen notwendig oder können Tabletten nicht geschluckt werden, wird Cortison per intravenöser Injektion verabreicht.
Intramuskuläre Injektionen (in den Arm oder Podex) werden heute nicht mehr gemacht, da es zu heftigen Nebenwirkungen kommen kann.
Suppositorien werden eigentlich nur bei Kleinkindern benutzt, die sich nicht iv spritzen lassen. Die Aufnahme des Wirkstoffes lässt sich bei Zäpfchen-Gabe nicht sehr gut steuern.
Und schliesslich gibt es noch zahlreiche Formen der örtlichen Anwendung (Augentropfen, Salben, Gelenkspritzen und Inhalationen).

Wo und wie werden die verschiedenen Cortison-Arten eingesetzt?
Cortisol
Als Substitionstherapie (Ersatztherapie) bei Nebennierenrinden-Insuffizienz
Prednison – Prednisolon u.a.
Kurzwirksame Cortison, die hauptsächlich in der Langzeittherapie eingesetzt werden
Dexamethason
Zur Behandlung von Hirnoedemen, bei einigen Formen der Nebennieren-Überfunktion und zur Vorbeugung und Therapie bei medikamenten-verursachtem Erbrechen (z. B. Krebstherapie)

Dosierung
Die Dosierung richtet sich nicht nach den verschiedenen Erkrankungen/Diagnosen, sondern individuell angepasst nach Schwere der Erkrankung und dem Patienten.

Bei akuten Erkrankungen ist die Behandlungsdauer kurz, bei chronischen Erkrankungen ist meist eine langfristige Gabe notwendig. Diese wird mit hohen Dosen begonnen und dann, nachdem sich die Symptome gebessert haben, langsam reduziert, bis die kleinste wirksame Dosis gefunden ist.

Die Höhe der Dosis am Beginn richtet sich nach Art und Schwere der Erkrankung, es sind Gaben bis zu 1000 mg per Infusion, bis 250 mg intravenös und darunter oral möglich.

Die Erhaltungsdosis kann bei einzelnen Patienten bis zu 2 mg heruntergeschraubt werden.
Die Reduktion erfolgt zunächst schneller (5 – 10 mg alle 7 – 14 Tage), ist man bei 5 – 10 mg angekommen, wird die Reduktion deutlich langsamer fortgesetzt 0,5 – 1 mg alle 1 – 2 Monate). Bei chronischen Erkrankungen ist eine Langzeit gabe von 2 – 5 mg meist ausreichend. Bei Schüben, wie z. B. bei Lupus kann es jedoch mehr oder weniger häufig passieren, dass man erneut einen Stoss höher dosiertes Cortison einnehmen muss und dann mit der Reduktion von Neuem beginnt.

Wird die Cortisoneinnahme unterbrochen oder plötzlich beendet, kann es zum Cortison-Entzugssyndrom kommen:Die Patienten fühlen sich elend, sind depressiv, haben Magen-Darm-Störungen und klagen mitunter über ziehende Schmerzen in der Arm- und Beinmuskulatur. 

Zeitpunkt der Einnahme
Grundsätzlich sollte Cortison frühmorgens (vor 8.00 *gähn*) eingenommen werden, da zu dieser Zeit auch der körpereigene Cortisonspiegel ansteigt und somit der Körper am wenigsten irritiert wird.
Bei höheren Dosen kann eine Verteilung über den Tag nötig oder sinnvoll sein, bei der Reduktion wird dann zunächst die abendliche Dosis, später die mittagliche Gabe weggelassen.
Desweiteren gibt es die Möglichkeit der alternierenden Therapie (mit Unterbrechungen), z. B. jeden zweiten Tag. Bei einigen Erkrankungen, sowie bei Kindern zur Vorbeugung von Wachstumshemmungen ist das eine gute Möglichkeit, bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, wie bei SLE aber nicht gut umsetzbar, da die entzündungshemmende Wirkung nach ca. 24 h aufhört.

Wichtig ist es jeden Arzt (auch den Zahnarzt) über die Cortison-Einnahme zu informieren, da die Dosis in Stress-Situation u. U. hochgesetzt werden muss.

Schwangerschaft
Man kann während der Schwangerschaft Cortison weiter einnehmen! Selbstverständlich unter Rücksprache mit dem behandelnden Arzt und dem Gynäkologen. Eine Erhaltungsdosis und örtliche Anwendungen sind unbedenklich und auch höhere Dosen (wenn nötig) machbar. Beim Stillen gehen nur winzige Dosen in die Muttermilch über, die keine Gefahr für das Kind bedeuten. Wer trotzdem ein schlechtes Gefühl hat, sollte erst einige Stunden nach der letzten Cortisoneinnahme stillen. 

Reisen
Empfohlen wird die Einnahme der Ortszeit anzupassen, also sofort morgens einnehmen.

Impfungen
Impfungen mit Lebendimpfstoffen dürfen wegen der verminderten Abwehrkräfte nicht verabreicht werden.
Impfungen mit Totimpfstoffen dürfen durchgeführt werden, allerdings ist ab 10 mg Prednison/Tag die Antikörperbildung beeinträchtigt.

Wechselwirkungen
Rifampicin (Tuberkulosemedikament), Hydantoine (Epilepsie) und Medikamente mit Barbitursäure (Schlafmittel) können die Wirksamkeit von Cortison mindern. Ist eine solche Kombination wirklich notwendig, muss die Cortisondosis angepasst werden.
Bei Hochdruckmedikamenten oder Entwässerungstabletten und Abführmitteln kann der Kaliumverlust verstärkt werden. Entwässerungsmittel können ausserdem (wie Cortison den Zuckerspiegel im Blut erhöhen). Cortison und die gleichzeitige Einnahme von NSAR (Rheuma-Medikamenten) können Magenbeschwerden bis hin zum Magengeschwür hervorrufen.

10 Gebote der Cortison-Therapie

 

  • Nicht mehr, aber auch nicht weniger einnehmen als nötig bzw. vom Arzt verordnet wurde.
  • Für eine Langzeitbehandlung sollte die Low-Dose-Therapie (Niedrigdosisbehandlung) angestrebt werden. Das bedeutet eine Dosis von 5 oder weniger mg Prednison/Tag. Diese Niedrigdosierung erreicht man nur durch immer kleiner werdende Abbauschritte (zuletzt 1-1/2 mg Prednison) in immer größer werdenden Intervallen (zuletzt nur alle 4-8 Wochen). Bei anderen Cortisonpräparaten gelten je nach Wirkstärke höhere oder niedrigere Dosen.
  • Die gesamte Tagesdosis sollte morgens vor 8 Uhr (am besten mit etwas Milch oder Joghurt) eingenommen werden.
    Manche Krankheiten erfordern eine 2x tägliche Einnahme. Dann sollten 2/3 der Tagesdosis morgens und 1/3 nachmittags eingenommen werden.
    Nur selten ist eine abendliche Dosis nötig; in diesen Fällen sind besondere Vorsichtsmaßnahmen notwendig 
  • Niemals eine Cortisonbehandlung ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt abbrechen.
  • Eine ausgeglichene Ernährung hilft, unerwünschte Wirkungen zu reduzieren.
    Reichlich Eiweiß, mindestens zur Hälfte tierischer Herkunft, bevorzugt Fisch und magere Milchprodukte.
    So wenig Fett wie möglich, wobei etwa die Hälfte aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren bestehen soll:
    Pflanzenfette und solche in Tiefseefischen.
    Zuckerverbrauch stark reduzieren; die nötigen Kohlenhydrate sollten durch Getreideprodukte, bevorzugt Vollkorn, Kartoffeln und Gemüse zugeführt werden.
    Kalziumzufuhr von mindestens 1g/Tag: Enthalten in 1l Mager- oder Buttermilch bzw. in 900 g Magerjoghurt oder in entsprechender Menge Magerkäse.
    Für reichliche Kaliumzufuhr sorgen: Obst, speziell Kartoffeln, Gemüse, Bananen.
    So wenig Salz wie möglich verwenden, alle pflanzlichen Gewürze sind erlaubt.
    Reichlich Vitamin C: Frisches Obst und Salate.
    Kalorienüberschuß vermeiden: Regelmäßiges Wiegen hilft das Gewicht zu überwachen.
  • Körperliche Aktivität möglichst an der frischen Luft – so weit es die Krankheit erlaubt.
  • Regelmäßige Kontrollen beim Arzt durchführen lassen.
  • Bei jeder Befindensänderung, fieberhaften Erkrankung oder bei Eintritt einer Schwangerschaft den behandelnden Arzt sofort verständigen.
  • Wenn Sie einen Facharzt wegen einer anderen Erkrankung oder Störung aufsuchen müssen, sollten Sie diesen von der laufenden Cortisontherapie verständigen. Evtl. verordnete Medikamente darauf prüfen lassen, ob sie sich mit Cortison vertragen.
  • Corticoidausweis bei sich führen.

weitere Informationen zur Cortsion-Therapie

 

weitere medikamentöse Therapie bei SLE