Marilena, Jg. 1972

Leben mit Lupus Erythematodes

Ich bin seit Geburt gehörlos und war vom Kindergarten an bis zum Ende der Schulzeit in Unterendfelden in einem Heim in der Schwerhörigenschule Landenhof. Weil meine Eltern von Italien kamen und nicht gut deutsch sprachen, konnte ich nur über das Wochenende nach Hause. Auf dem Landenhof musste ich viel sprechen lernen und wuchs oral auf, damals durften wir nicht mit den Händen sprechen. Ich wuchs dort sehr glücklich auf und meine Eltern waren froh, dass ich dort viel lernen konnte. Ich war immer gesund und motiviert. Ich trieb viel Sport und wurde sehr früh selbständig. Im Jahr 1989 verliess ich den Landenhof und begann mit der Lehre für 4 Jahre bis 1993 als Goldschmiedin in Frick und ich wohnte bei den Eltern. Ich ging zur Berufsschule für Gehörlose in Zürich Oerlikon. Dort lernte ich viele neue Gehörlose kennen. Während der Lehre lernte ich Steve kennen, der ebenfalls gehörlos ist. Ich lernte von ihm die Gebärdensprache. 1994 heirateten wir uns und wohnten in Frick.

Schon nach den Flitterwochen einen Monat später merkte ich, dass ich nicht mehr viel Kraft hatte. Jeden Tag ging ich mit Mühe zur Arbeit. Dann breitete sich der Schmerz langsam in meinem Körper aus. Dazu bekam ich punktartige Rötungen auf meinem Gesicht, an Brust, Armen und Händen. Wohl ging ich zum Hausarzt, aber er gab mir immer nur Schmerztabletten. Bis kurz vor Weihnachten, als ich kaum mehr Kraft hatte, aus dem Bett zu steigen und mich zu waschen, musste ich ins Kantonspital Aarau. Nach zwei Tagen Untersuchung im Spital fand man heraus, dass ich Lupus habe. Davon hatte ich noch nie etwas gehört, ich war völlig schockiert. So musste ich zwei Wochen im Spital bleiben und bekam Infusionen und begann Medikamente „Cortison“ einzunehmen. Damals nahm ich die Krankheit überhaupt nicht ernst, ich dachte es wird bald wieder gut sein. Mir war nicht bewusst, was Lupus genau ist. Die Ärzte gaben sich nicht Mühe, mich genau aufzuklären was Lupus ist, nicht mal Unterlagen über den Lupus, die ich hätte lesen können, um es mir besser vorzustellen. 

Als ich wieder begonnen habe zu arbeiten, konnte ich mich nicht mehr richtig konzentrieren, wenn ich etwas sagen wollte, fehlten mir viele Wörter zu sagen, ich machte viele Fehler, hatte kein Selbstvertrauen mehr, wurde sehr sensibel und hatte nur noch Angst. Ich verstand nicht mehr, was mit mir los war. Alles hatte sich verändert. Nicht einmal ein Jahr nach dem Spitalaufenthalt wurde mir dann bei der Arbeitsstelle gekündigt. Natürlich war das für mich am Anfang eine grosse Enttäuschung, doch mit der Zeit fühlte ich mich besser.

In der arbeitslosen Zeit habe ich mich entschieden, etwas Einfacheres zu arbeiten. Danach ging es mir immer besser und schon fast wie wieder gesund. In dieser langen Zeit hatte ich dank Medikamenten keine Schmerzen und Rötungen mehr. Damals sagten mir die Ärzte, dass ich niemals an die Sonne darf, da es sehr schlecht ist für die Hautschläge wegen Sonnen- und Lichtempfindlichkeit. Daran glaubte ich nicht und ging doch in die Ferien dorthin, wo es sehr warm war. Nach den Ferien zuhause wurde mir sehr schlecht, sodass ich das Cortison wieder erhöhen musste.

Im Oktober 1998 trat ich in den SLEV ein. Doch ich interessierte mich nicht so ganz für diesen Verein. Denn für mich war es nicht einfach, da ich die einzige Gehörlose bin mit Lupus. Ich bin immer über das Wochenende lieber unter der Gehörlosenwelt. Wir Gehörlose sind sehr eng zusammen und fühlen uns da wie in einer Familie. Wir Gehörlose haben eine eigene Kultur und beherrschen die Gebärdensprache. Mit der Zeit, als ich merkte, wie wichtig es auch im Lupus Verein ist, die Leute kennen zu lernen und Erfahrungen auszutauschen, ging ich immer mehr hin und gebe mir Mühe.

Auch in der Beziehung mit meinem Mann hat sich viel verändert, es hängt viel von mir ab. Schon ein paar Mal bin ich in ein seelisches Tief gefallen. Diese grosse Veränderung machte es für mich sehr schwer. Auch für meinen Mann war das sehr schwer, jeden Tag meinen Schmerz anzusehen. Er weiss aber und hilft mir sehr viel beim Arbeiten. Wenn ich mich an früher erinnere, war ich immer zufrieden mit mir und stolz auf mich selbst. Nun habe ich diese Gelenkenschmerzen, die Rötungen auf der Haut, die immer wieder kommen, Nebenwirkungen vom Cortison und weiss, dass ich damit leben muss. Von Zeit zu Zeit verstand ich immer mehr, was Lupus ist. Ich habe gelernt, positiv zu denken. Ich habe mich auch daran gewöhnt, regelmässig in die Therapie zu gehen, Cortison einzunehmen, zur Kontrolle in die Rheumatologie, in die Blutkontrolle, mich mit Sonnenschutz Creme mit hohem Schutzfaktor einzucremen und die Sonne zu vermeiden.

Mit der Zeit als es sich allgemein sehr viel verschlechterte, konnte ich nicht mehr 100% arbeiten und reduzierte auf 50%. Doch dann wurde es immer schlimmer, so dass ich wie noch nie so schlimm viel Hautschläge und Gelenken Schmerzen habe. Hinzu kamen noch das erste Mal die Haarausfälle und ich musste endgültig die Arbeit verlassen. Nun wurde ich 100 % IV-Rentnerin. Am Anfang war es für mich sehr schwer und ich musste neue Wege finden, um doch glücklich zu sein, bis ich nach Gott rief als letzte Hilfe. Heute, wenn ich zurück denke, was ich alles durchmachen musste, habe ich vieles gelernt. Heute geht es mir im Moment mit meiner Gesundheit schlechter als früher, aber bin heute glücklicher. Ich habe gelernt, diese Krankheit zu akzeptieren und habe meinen Stolz wieder und die Kraft zu Gott gefunden.

Gottes Segen und liebe Grüsse Marilena 

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