Das letzte Jahr mit meinen Autoimmunerkrankungen und Corona war der letzte Dreck.
Mein chronisch (ständig auf und ab wabernder, aber ohne akute Schübe) verlaufender Lupus tickte aus, mein Overlap zur rheumatoiden Arthritis (RA) wurde ausserordentlich aktiv. Seit 12 Monaten vergeht eigentlich kein Tag ohne Schmerzen, ohne akut entzündetes Gelenk. Meine Knie sind ausser Rand und Band, meine Handgelenke unter Dauerfeuer und meine Daumengrundgelenke und Vorfüsse permanent entzündet.
Der Cortisondauerkonsum mit fast monatlichen Cortisonstössen hilft nicht wirklich, macht mich aber fett und fetter.
Meine Schilddrüse kriegt sich gar nicht mehr ein, mein Mund ist eine einzige Wunde und meine Augen sehen aus, als würde ich dauerkiffen – würde ich nur…
Ich bin so müde. Weder Cortisonstösse noch Benlysta konnten das Chaos in meinem Körper stoppen. Gleichzeitig versuche ich mir Rentenansprüche zu erarbeiten und als Partnerin, Mutter und Frau zu funktionieren. Ich werde den Anspruch (also meinen eigenen) auf ein lebenswertes Leben nicht los. Aber mein Scheisskörper macht nicht mit.
Ich bemühe mich an vielen Fronten. Ich esse (meistens) entzündungshemmend und nehme auch einige Nahrungsergänzungsmittel mit dem gleichen Ziel ein. Ich strenge mich an ausreichende Ruhephasen zu halten, ich arbeite an Ausgewogenheit, Entspannung und genügend Bewegung.
Aber es bleibt eine Anstrengung. Meditation mit einer entzündeten Hüfte ist gar nicht so einfach. Spaziergänge mit dicken Vorfüssen nicht. Schlafen mit schmerzenden Schultern auch nicht. Usw. usf.
Und es ist gar nicht so einfach, sich um all diese Dinge immer selbst zu bemühen, ist man doch müde und ausgelaugt.
All diese Achtsamkeit, Meditation, Selbstfindung, sei-gut-zu-Dir – schön und gut. Da gibt es gute und tolle Dinge und Ideen. Doch passen sie nicht immer zu einer Chronikerin, zu einer bewegungseingeschränkten Schmerzpatientin – leider. Lechze ich doch nach Anleitung und Inspiration.
Manchmal muss ich auch Dinge tun, weil es einfach wichtiger ist, diese Dinge für mich zu tun, als noch einmal mehr Rücksicht auf meine Gesundheit zu nehmen.
Zur Zeit versuche ich zum zweiten Mal Reitunterricht zu nehmen. Auch mein Arbeitsneustart fällt in diese Rubrik.
Es tut mir gesundheitlich nicht zwingend gut, ist trotzdem wichtig und richtig für mich (auch wenn ich zwischendurch immer wieder alles anzweifle).
Im September starte ich mit Rituximab. Ich habe schon ein bisschen Hoffnung, bin aber nicht völlig überzeugt. Wird das endlich helfen? Werde ich so viele Infekte haben wie bei dem Start von Azathioprin? Wie werden sich meine Covid-Antikörper entwickeln? Wie ist es mit zukünftigen Impfnotwendigkeiten? Wie wird es mit meiner Arbeit und meiner schwurbelnden Kollegin? Bekomme ich meine Alltag zurück? Werde ich schmerzfrei sein oder wenigstens schmerzfreie Phasen haben?
Neben diesen medizinisch konkreten Fragen ergeben sich auch neue Bedürfnisse und Unklarheiten. Was brauche ich eigentlich? Was will ich von meinem restlichen Leben? Wie integriere ich Krankheit in den Alltag oder sollte ich lieber Alltag in die Krankheit integrieren? Werde ich mir Lebensträume und -wünsche noch erfüllen können? Wer hilft mir dabei? Warum kann ich als Chroniker solche Dinge nicht mehr alleine? Schaffe ich es noch zwei Jahre zu arbeiten (EU-Anspruch)? Wie kann ich selbstständig bleiben?